Richtig Feedback geben und nehmen

- Warum Feedback so wichtig ist und wie du es richtig anwendest -

Im folgenden Text erfährst du, warum Feedback so oft falsch praktiziert wird, welchen Nutzen es für dich hat und wie du richtig Feedback gibst und nimmst.

Da wollte man dem Kollegen nur mal ein ehrliches Feedback geben und direkt war er sauer. Dabei hat er doch selber darum gebeten. Was ist hier schon wieder passiert?

Eine solche Situation passiert regelmäßig, wenn man die Eckpfeiler beim richtigen Feedback Geben und Nehmen nicht kennt. Dabei ist Feedback eines der zentralen Elemente für Fortschritt auf inhaltlicher, persönlicher und sozialer Ebene.

Kommunikation als Grundlage für Feedback

Bromorrow-Vogel

Wir können nicht nicht kommunizieren. In allem, was wir sagen und tun beziehungsweise nicht sagen und nicht tun, steckt eine Botschaft. Das ist schon leicht kurios. Unsere Kommunikation ist hochkomplex und das macht sie so schwierig und führt so oft zu Missverständnissen. Das gilt besonders für das Feedback-Geben!

Um das Feedback Geben und Nehmen richtig zu verstehen, muss man zunächst unsere Kommunikation an sich verstehen. Eine Theorie, die sich ihrer Komplexität annähert, ist das Sender-Empfänger-Modell von Shannon und Weaver (auch vier Seiten einer Nachricht). Ihr zufolge wird eine Nachricht auf vier Ebenen gesendet: Der Inhalts-Ebene, Selbstoffenbarungs-Ebene, Beziehungs-Ebene und der Appell-Ebene – und ebenso auch auf diesen vier Ebenen empfangen.

Sender Empfänger Modell / Vier Seiten einer Nachricht nach Shannon und Weaver

Beispiel: Bürohengst Rainer sagt zu seinem Arbeitskollegen Ben: „Die Tür ist offen.“ Nach dem Modell könnte er auf den vier Ebenen Folgendes kommunizieren:

Inhalts-Ebene: Einfache Beschreibung einer Situation: „Die Tür steht offen.“

Selbstoffenbarungs-Ebene: Die Gefühlslage des Senders: „Mir ist kalt“ / „Das ärgert mich.“

Beziehungs-Ebene: Das Verhältnis, in dem der Sender zu dem Empfänger steht: „Ich gehe davon aus, dass du es bist, der die Tür schließen muss.“

Appell-Ebene: „Mach‘ die Tür zu!“

Es zeigt sich, dass eine Aussage stets vielerlei Interpretationen zulässt und demnach zu unterschiedlichen und sogar unvorhersehbaren Ergebnissen führen kann. Besonders, wenn man bedenkt, dass eine solche Aussage nochmal anders von Ben auf den vier Ebenen empfangen und verstanden wird. So wird auch aus einem nett gemeinten Feedback schnell ein böswilliger Vorwurf.

Nutzen von Feedback

Wenn Feedback so gefährlich ist, sollten wir dann nicht lieber auf Feedback verzichten?

Nein, auf keinen Fall! Feedback ist nur schlecht, wenn man nicht gelernt hat, richtig Feedback zu geben und zu nehmen. Wenn man dies allerdings kann, birgt es ein enormes Potenzial, das nach dem inhaltlichen, dem persönlichen und dem sozialen Bereich unterschieden werden kann.

Inhaltlicher Bereich

Wir alle haben Stärken und Schwächen. Niemand ist perfekt oder allwissend. Das gilt auch für Projekte, Aufgabenstellungen, Präsentationen oder dem alltäglichen Umgang. Um bessere Ergebnisse zu erzielen, kann Feedback wie eine Art Schwarmintelligenz funktionieren. Durch Feedback von Freunden oder Kollegen fallen unbekannte Aspekte, Fehler oder Potenziale auf. Nicht umsonst wird bei vielen Aufgaben ein Vier-Augen-Prinzip angewandt. Feedback kann schlechte Aspekte reduzieren und gute Aspekte noch besser machen und so zu einer Qualitätssteigerung führen.

Persönlicher Bereich

Feedback geben und nehmen hat auch deutliche Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung. Feedback gibt unsere Außenwirkung wieder: Wir lernen wie Verhalten und Äußerungen bei anderen ankommen und vor allem lernen wir etwas über uns. Diese Ansicht orientiert sich an dem sogenannten Johari-Fenster (siehe Bild unten), nach dem die (Un-) Bekanntheit von Informationen auf die Dimensionen „Ich“ und „Andere“ verteilt wird. Durch Feedback offenbart sich einer Person neben öffentlich bekannten Dingen und Dingen, die nur sie weiß, auch der sogenannte blinde Fleck ihrer Persönlichkeit. Und gerade dieses Bewusstsein darüber fördert die Entwicklung.

Johari-Fenster beim Feedback geben und nehmen

Weitere positive Faktoren im persönlichen Bereich ist das inhaltliche Lernen, das Feedback anstößt. Neue Perspektiven können unser Repertoire an Wissen und Fähigkeiten erweitern. Zudem sorgt Feedback Sicherheit und Motivation, wenn einer Person ihre guten Taten und ihre Stärken bestätigt werden.

Sozialer Bereich

Feedback geben (und nehmen) stärkt zwischenmenschliche Beziehungen und Kontakte. Ein Feedback zu erhalten fördert nicht bloß die Sozialkompetenz, es schafft auch Transparenz und deckt so Störungen in zwischenmenschlichen Beziehungen auf. Es hilft die Vergangenheit aufzuarbeiten und vermittelt Wertschätzung und Vertrauen.

Als Abschluss dieses Absatzes ist daher festzuhalten, dass Feedback einen vielfältigen Nutzen hat. Es ist daher nicht negativ, sondern vielmehr als Geschenk zu sehen.

Die richtige Anwendung von Feedback

Im Folgenden soll erklärt werden, welche Kriterien und Methoden wichtig sind, um vor allem in kritischen Situationen richtig Feedback zu geben oder anzunehmen.

Richtig Feedback geben

  • Beschreiben, ohne zu bewerten: Als Ausgangslage dient die Beschreibung der eigenen Sinneswahrnehmung & des daraus resultierenden Ergebnisses. Dies ist notwendig, um den richtigen Rahmen zu schaffen und für Verständnis zu sorgen. Eine Bewertung ist hier fehl am Platz und führt nur zu unnötigen Diskussionen.
  • Verhaltensnah statt verallgemeinernd: Zur Veranschaulichung des Feedbacks dient der Bezug auf konkretes Verhalten, also auf handfeste Beobachtungen. Verallgemeinerungen, Pauschalisierungen und Mutmaßungen sind nicht konstruktiv.
  • Zeitnah: Warte nicht ewig mit deinem Feedback zu einer Situation, so dass dein Gesprächspartner sich kaum mehr erinnert. Umso präsenter die Situation ist, umso besser wirkt das Feedback.
  • Mutig, ehrlich und offen: Formuliere deine Empfindungen zu einem Verhalten deines Gegenübers in Ich-Botschaften. Eine Ich-Botschaft ist zum Beispiel „Ich fühle mich durch das Verhalten ausgegrenzt“. Du kannst klar und deutlich sagen, was das mit dir gemacht hat und wirst so psychologisch den Wunsch schüren, sich diesem Missstand anzunehmen. Formuliere niemals Vorwürfe im Sinne von „Du bist rücksichtslos!“ oder ähnlich, da du so eine Abwehrhaltung bei deinem Gegenüber erzeugst.
  • Persönlichkeitstyp des Gegenübers beachten: Was ist dein Gegenüber für ein Mensch? Auf welche Eigenschaften, Verhaltensweisen und Ideale legt er wert? Wenn du mit diesen Dingen argumentierst, wird dein Gegenüber dein Feedback besser verstehen und sich stärker zu Herzen nehmen. Ein Einteilung von Persönlichkeitstypen ist das Thomas-Riemann-Modell.

Verinnerliche folgende Schritte des Feedback-Gebens:

    1. Wahrnehmbares beschreiben, zum Beispiel „Ich habe beobachtet…“ / „Ich habe gesehen…“
    2. Auswirkungen beschreiben in Ich-Botschaften, zum Beispiel „Ich habe den Eindruck, dass…“ / „Ich fühle mich dadurch…“
    3. Wunsch formulieren: konkrete Formulierung eines Wunsches / einer Bitte für die Zukunft, zum Beispiel “Ich würde mir wünschen…” / “Könntest du mir den Gefallen tun…” / “Für die Zukunft bitte ich dich…”

    „Ich habe beobachtet, dass du eine neue Pflanze hast. Leider fühle ich mich dadurch total schlecht, da ich scheinbar eine Allergie dagegen habe. Du würdest mir wirklich einen großen Gefallen tun, wenn du sie wegstellen könntest.“

    „Ich habe gesehen, dass du heute in Flip-Flops beim Meeting warst. Ich habe den Eindruck, dass das etwas unpassend ist und auch die Leiter sehr verwundert waren. Ich würde mir wünschen, dass du nächstes Mal mit Schuhen kommst.“

    Natürlich müssen es nicht zwanghaft diese Formulierungen sein, allerdings hilft es sich diese zum Üben gut einzuprägen. Der Sinn sollte kommunikativ genau so rüberkommen. Sobald sich dieses Konzept gefestigt hat, wird es im Gesprächsfluss von alleine natürlicher wirken.

    Positives Feedback ist nicht ganz so stark an diese Schritte gebunden, jedoch ist es auch dann wichtig, nicht bloß zu sagen “Du bist kommunikativ”, sondern Belege und Beispiele für diese Interpretation anzubringen, wie zum Beispiel “Ich habe gesehen, dass du unglaublich schnell Kontakte knöpfst in Gruppen, z.B. letzte Woche beim Meeting oder der Weihnachtsfeier”. Somit beschreibt man auch hier eine Wahrnehmung und eine Auswirkung (Interpretation) – der Wunsch könnte dann einfach heißen: “Weiter so!” Das macht das Feedback für deinen Gegenüber viel greifbarer, bewusster und dadurch wertvoller.

Richtig Feedback nehmen

Bromorrow
  • Zuhören und ausreden lassen: Gilt ja auch sonst in Gesprächen.
  • Nicht ständig rechtfertigen: Natürlich kann man Situation für mehr Verständnis erklären, allerdings sollte man nicht versuchen jedes Feedback zu neutralisieren.
  • Offen und dankbar sein: Sei bereit deinen „blinden Fleck“ kennenzulernen und sieh das Feedback dazu als Geschenk. Zeige die Dankbarkeit dafür auch.

Tipp:

Sammle deine Feedbacks in einer Tabelle und leite für dich Entwicklungsziele und Maßnahmen davon ab. So behältst du alles im Blick und kannst nach einer Zeit überprüfen, inwieweit du dich verbessert hast. 

Bromorrow

Solltest du mal kein konstruktives Feedback erhalten, drehe den Spieß um. Nutze die Techniken des Feedback-Gebens, um daraus ein richtiges Feedback zu machen. Frage nach Beispielen und Beobachtungen und den Auswirkungen, die das Verhalten hatte. Bitte um Wünsche, Hilfestellungen oder Tipps für die Situation, die dir helfen könnten, für mehr Zufriedenheit zu sorgen und dich selbst weiterzuentwickeln.

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